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Hof – Eine Sinfonie der Provinz

Der „beste Film, der bei den Filmtagen nicht angenommen wurde“. Das zumindest verspricht das Filmplakat im Treffpunkt, nebst den Terminen für die Vorführungen des „Dokumentarfilm[s] über Streetmetal und Volksmusik, Brotzeit und Bratwürscht“, wie die Facebook-Seite von Hof – Eine Sinfonie der Provinz titelt. Ein Independent-Neulingswerk, das am Rande der Internationalen Hofer Filmtage die Hofer Musikszene dokumentiert? Das klingt doch sehr interessant.

Mit welchen Erwartungen geht man an einen solchen Film? Der „Hofer Barde“ ist bereits auf dem Filmplakat zu sehen und gehört – wohl oder übel – zum Hofer Stadtbild und wohl auch zur Hofer Musikszene. Aber welche Bands wird man noch sehen? Lokalmatadore, die schon beim in.die-Musik-Festival auf der Bühne standen? Singer-Songwriter, Death-Metal-Bands – vielleicht die Hofer Symphoniker? Bands, die man auf den Wiesenfesten sieht? Newcomer und alte Hasen? Ein Dokumentarfilm über die „Sinfonie der Provinz“ verspricht viel.

Die Handlung ist schnell zusammengefasst. In knapp 90 Minuten werden im Wechsel Ausschnitte von Auftritten und Szenen aus dem Proberaum oder den Wohnzimmern von zwei Bands (namentlich die Brauhausmusi und Fuchsdeifelswild) und dem „Hofer Barden“ bzw. „Hofsänger“ gezeigt. Die etwas langatmige Aneinanderreihung ohne richtigen roten Faden und Zusammenhang endet mit einem eingeblendeten „Pfiat di“ – ganz der Hofer Kultur entsprechend. Oder? Hier schließt sich der Kreis und man stellt sich die Frage, die man sich den ganzen Film lang stellt: Was will dieser Film sein? Und was will er eigentlich zeigen oder erreichen?

Das Erstlingswerk von Marco Witt ist weder Fisch noch Fleisch. Ein Dokumentarfilm will es sein, doch was wird hier dokumentiert? Wo sind z. B. die die Grandseigneurs der oberfränkischen Mundartmusik von Waldschrat? Wo sind die Leute, die Konzerte organisieren (z. B. der schon oben genannte in.die-Musik e. V.)? Wo ist überhaupt der Einblick in die „Hofer Sinfonie“? Wo sind die Singer-Songwriter? Wo sind die ganzen Bands? Wo sind die Interviews und die Fragen, auf die Antworten gegeben werden? Was wurde hier recherchiert? Oder: wurde hier überhaupt etwas recherchiert?

An das Genre „Dokumentation“ erinnern allein die wenigen Kommentare der „Brauhausmusi“ aus dem Off. Doch wird hier eine Band portraitiert, die, trotz der Tatsache, dass sie aus Regnitzlosau kommt, in bairischer Mundart singend, ihre Musi spuid. Sicherlich ist dies für das entsprechende Publikum schön und ansprechend. Allein des dargebotenen Dialektes wegen fragt man sich jedoch: Sollte diese Band 40 % des Films „Hof – Eine Sinfonie der Provinz“ füllen? Der emotionale Einblick in die Vergangenheit der Band, der den Tod eines ehemaligen Bandmitglieds erzählt, steht ohne Bezug allein auf weiter Flur und wird genausowenig verfolgt, wie der Bezug zu Hof hergestellt wird.

Wenn der „Hofsänger“ Michael Schulz(e?) in einer Kneipe erzählt, dass er nach einem Krankenhausbesuch mit 3 ‰ zur vorgerückten Stunde leider nirgends mehr etwas zu trinken bekam und sich deswegen in der Kneipe des Puffs zwei Bier für 10 € kaufen musste, während er die übrigen Tageseinnahmen in einen Spielautomaten steckt, erinnert das doch eher an ein Portrait à la „Lebenslinien“ des Bayerischen Rundfunks als an einen Dokumentarfilm. Hier würden dann auch die Szenen über eine Neonazi-Demo oder den vermutlich alkoholbedingten Tod eines Bekannten aus dem Milieu des „Hofsängers“ ihre Daseinsberechtigung haben. Nicht aber im vorliegenden Format.

Das hätte man aus diesem Film machen können: jeweils ein Portrait der Protagonisten. Das jeweils 20 Minuten oder eine halbe Stunde dauert. Ein solches Portrait hätte sich auch nicht so unnötig in die Länge gezogen und man hätte gewusst, was kommt. Wobei hier die durchaus interessante Band „Fuchsdeifelswild“ genauso zu kurz gekommen wäre, wie im vorliegenden Film.

Alles in allem enttäuscht „Hof – Eine Sinfonie der Provinz“. Mehr als eine Aneinanderreihung von kurzen Aufnahmen zweier Bands aus dem Landkreis Hof ohne richtiges Konzept ist er nicht. Auch, wenn er abgesehen davon einen Einblick in das traurige Dasein des „Hofer Barden“ zeigt, bei dessen Anblick man zwischen Scham und Mitleid schwankt. Doch einen Dokumentarfilm, der die Hofer Musikszene studiert und zeigt, sucht man vergeblich. Erwartet hätte man von „Hof – Eine Sinfonie der Provinz“ mehr Bezug zu Hof. Oder überhaupt einen Bezug, der über die gelallten Geschichten und Weisheiten eines Hofer Straßenmusikanten hinausgeht.

Die Idee ist gut, das Potenzial wäre prinzipiell vorhanden. Doch die Umsetzung ist schlecht. Auch wenn man einmal davon absieht, dass nicht einmal Audio und Video richtig synchronisiert waren. Bleibt nur noch, statt „Pfiat di“ „Servus“ zu sagen und zu hoffen, dass irgendwann die durchaus interessante Thematik in einer echten und gut gemachten Dokumentation aufgearbeitet wird.