„Taper“ ist nicht gleich „Grad“
VORSICHT! Klugscheißer-Beitrag! Höchstwahrscheinlich wird außerdem der folgende Beitrag nur Zahnärzte bzw. Zahnmedizinstudenten interessieren – wenn überhaupt ;-)
Die Ausgangssituation
Die Konizität von Endoinstrumenten wird durch ihren „Taper“ beschrieben. Ab und an hört man Zahnärzte von Endoinstrumenten, Guttapercha- oder Papierspitzen mit „zwei Grad“ oder „vier Grad“ sprechen, zuweilen liest man eine solche Angabe auch in Anzeigen oder sogar in der Fachliteratur.
Da der Taper von Standard-ISO-Stahlinstrumenten 0,02 beträgt und es auch Instrumente mit Tapern von 0,04 oder 0,06 gibt, drängt sich einem der Verdacht auf, der Konvergenz- oder Konuswinkel dieser Instrumente betrage 2°, 4° oder 6°. Dem ist aber nicht so.
Definitionen
Zunächst ist zu klären, was man eigentlich unter „Taper“, „Konvergenzwinkel“ und „Konuswinkel“ versteht.
- Taper
- Die Zunahme des Durchmessers des Instruments in Millimetern pro Millimeter Arbeitslänge
- Konvergenzwinkel
- In diesem Fall der Winkel zwischen zwei Geraden, die an die Ober- und Unterkante einer zweidimensionalen Projektion des Instruments angelegt sind (roter Winkel in Abbildung 1)
- Konuswinkel
- In diesem Fall der Winkel zwischen einer Parallelen zur Mittellinie einer zweidimensionalen Projektion des Instruments und einer Geraden, die an eine Kante angelegt ist (grüner Winkel in Abbildung 1). Der Konuswinkel ist halb so groß wie der Konvergenzwinkel.
Abbildung 1 zeigt die Spitze einer stilisierten Hedström-Feile mit einem der Anschaulichkeit wegen übermäßig groß gewählten Taper:
Abbildung 2 zeigt die relevanten geometrischen Größen und definiert die in den folgenden Formeln benutzten Variablen:
Der Winkel α entspricht dem Konuswinkel, t ist der Taper, und da dieser nicht die Radius- sondern die Durchmesserdifferenz pro Längeneinheit beschreibt, ist die entsprechende Seite des Dreiecks 1/2 t lang.
Zusammenhang zwischen Taper und Konvergenz- bzw. Konuswinkel
Welcher Zusammenhang zwischen Konvergenz- bzw. Konuswinkel und dem Taper eines Instruments besteht also?
Es gilt:
Die fehlende Seite c errechnet sich laut dem Satz des Pythagoras zu:
Die Länge l ist 1, da der Taper lediglich die Differenz des Durchmessers (in Millimeter) pro Längeneinheit (1 Millimeter) beschreibt.
Somit ergibt sich für α:
Umgekehrt kann man natürlich auch von einem Konus- bzw. Konvergenzwinkel auf den Taper schließen. Es gilt:
Hat nun ein Instrument mit Taper 0,02 „zwei Grad“?
Nein. Setzt man die Werte in die oben hergeleiteten Formeln ein, bekommt man folgende Ergebnisse:
Der Konuswinkel eines Instruments mit Taper 0,02 errechnet sich zu ca. 0,57 °, der Konvergenzwinkel entsprechend zu ca. 1,15 °.
Angenommen, man bezieht sich bei einer „Grad“-Angabe eines Instruments auf dessen Konuswinkel, hätte ein Instrument mit „zwei Grad“ einen Taper von ca. 0,070. Wäre der Konvergenzwinkel gemeint, so hätte es einen Taper von ca. 0,035.
Es liegt aber kein linearer Zusammenhang zwischen dem Konvergenz- bzw. Konuswinklel und dem daraus berechneten Taper vor! Daß der Taper bei 2 ° Konvergenzwinkel ungefähr halb so groß ist, wie bei 2 ° Konuswinkel liegt nur daran, daß es sich hier um kleine Winkel handelt. Rechnet man das selbe Beispiel etwa mit einem Konvergenzwinkel von 20 °, erhält man einen Taper von ca. 0,728, bei einem Konuswinkel von 20 ° 1,678.
Fazit
Es erscheint wenig sinnvoll, die Konizität der auf dem Markt befindlichen ISO-Instrumente durch eine Grad-Angabe zu beschreiben, da eine Umrechnung zwar problemlos möglich ist, es aber keine glatten und gebräuchlichen Werte als Ergebnis gibt.
In diesem Sinne … ;-)